Geschichten ⚜ Pray For Paris

Geschichten ⚜ Pray For Paris

Neulich war ich im Kino. Der neue James Bond-Film lockte wie so viele andere auch mich ins Kino und an einem angenehmen Mittwochabend fanden meine trippelnden Schritte ihren Weg ins Filmtheater. Voller Vorfreude kaufte ich also Karten und Popcorn und begab mich in den schon gut gefüllten Kinosaal. Der größte des Kinos. Ein Raum gefüllt mit 700 Menschen, die alle darauf warteten, dass der Film startete.

Schließlich wurde das Licht abgedunkelt, die Vorhänge zurückgezogen und während auf der Leinwand wertvolle Werbung flimmerte, drehte ich mich um und betrachtete den vollen Saal. Hunderte bläulich schimmernde Gesichter, die alle gebannt auf die Leinwand gerichtet waren und den Beginn des Filmes herbei sehnten, der sie forttragen würde aus ihrer Welt in eine andere.

All diese Menschen kamen in diesem stufenförmigen Raum voller Filmhistorie zusammen, um gemeinsam abzutauchen in eine Geschichte so verschieden von ihrer eigenen. Und während mein Blick über die bleichen Gesichter schweifte, musste ich daran denken, dass sich hinter jeder Fassade ein Leben verbirgt. Jedes dieser Leben ist angefüllt von diesen kleinen und großen Erzählungen, die miteinander verwoben und verkettet sind und in ihrer Gesamtheit eine Geschichte bilden.

Ein Blick ins Kino.

Alle diese vielen verschiedenen, einzigartigen und erzählenswerten Geschichten treten in den Hintergrund vor der explosionsgeladenen Story des britischen Doppelnullagenten, der über die Leinwand springt, fliegt, fährt, rollt, fällt, rennt oder schwimmt. Es muss nicht immer die Geschichte eines Geheimagenten sein, die die vielen anderen um uns herum in die Nichtbeachtung rücken lässt. Meist reicht auch eine viel einfachere Geschichte, über die wir jede weitere vergessen: Unsere eigene.

Wenn ich abends vor dem Schlafengehen an meinem Fenster stehe, in einer Hand schon die Schnur des Rollos, in der anderen noch die Haarbürste, dann denke ich oft, dass in jedem dieser Autos, die zu später Stunde über die schwach beleuchtete Hauptstraße huschen, mindestens eine, wenn nicht noch viel mehr Geschichten stecken. Und während meine Bürste sich weiterbewegt, schweifen meine Gedanken ab, zu dem freundlichen Tankwart, bei dem ich heute wieder das überteuerte E10-Benzin gekauft habe, der mürrischen Frau, die ihren Absatz in der Bahn auf meinem Fuß geparkt hat, der Kinokartenverkäuferin, die den Menschen tagtäglich Zugang zu so vielen Geschichten verkauft, und dem einen Mann auf der Straße, dessen Gesicht in der Menge ich mir im Gegensatz zu all den anderen gemerkt habe, weil ich fast gegen ihn gelaufen wäre. Dabei wird mir bewusst, dass um uns herum so viele Geschichten wabern, Erzählungen von Leben, die angefüllt sind mit Lachen und Weinen, Trauer und Glück und all diesen großen Dingen und Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen. Und oft holt es mich aus meiner eigenen Geschichte, die in ihrer Einzigartigkeit doch so viele Parallelen zu anderen Geschichten aufweist.

#prayforparis

Auch gestern musste ich an all die vielen Geschichten denken, die da draußen lauern. Viele dieser Geschichten wurden gestern beendet und werden nun, begleitet von einem Schatten, in anderen Erzählsträngen fortgeführt. Es entzieht sich meinem Verständnis, aus welchen Geschichten die Ursachen für solche Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten erwachsen können. Aber ich trauere um jede Geschichte, die so abrupt beendet wurde, bevor ihr Ende geschrieben werden konnte und um jede Geschichte, die, noch vor einem Tag von Zuversicht erfüllt, nun von Schatten überlagert ist.

Es passiert tagtäglich überall auf dieser Welt und doch trifft es einen am härtesten, wenn es direkt vor den eigenen Augen passiert. So nah, dass man schon fast glaubt, den Schrecken bis hierher spüren zu können. Denn ist es nicht dann auch am wahrscheinlichsten, dass sich irgendwo in der eigenen Geschichte eine Gabelung findet, über die man in diese andere Geschichte gelangt, die es nun nur noch in unserer Erinnerung gibt? Natürlich ist das kurzsichtig, denn wenn man nur genug Gabelungen nimmt und immer weiter geht, dann wird man zu jeder Geschichte eine Verbindung finden. Aber es sind Ereignisse wie diese, die uns wieder bewusst machen, dass unsere Geschichte nicht die einzige ist, für die wir uns interessieren sollten. Es gibt noch so viele andere dort draußen. Und alle haben ihre Höhen und Tiefen, ihre kleinen und großen Geheimnisse, ihren Anfang und seit gestern haben viele, viele mehr nun auch ein Ende. Es hätte nicht sein dürfen, nicht sein sollen. Doch vielleicht schreiben wir eine Geschichte, in der solche Ereignisse beendet werden. ODer eine Geschichte, die die Schatten von anderen Geschichten nimmt und ihnen Zuversicht schenkt. Mit jeder Seite deiner Geschichte hast du die Möglichkeit eine andere ein Stück schöner zu machen. Nutze sie.

#prayforparis #prayfortheworld

Bild von Jon Westra

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