Die Möglichkeiten eines neuen Jahres

Die Möglichkeiten eines neuen Jahres

Weihnachten ist eine Weile her und damit auch der letzte Eintrag in diesem Blog. Auch das neue Jahr ist mittlerweile schon einige Wochen alt und nachdem der Probemonat nun definitiv abgelaufen ist, müssen wir uns wohl in 2016 zurecht finden.

Es gibt einige Gründe für den Stillstand der Beitragsflut hier, doch keiner davon ist wirklich wichtig. Der allgegenwärtige Stress ist sicherlich relevant, doch wahrscheinlich auch keine grandiose Entschuldigung. Nachdem mein 2015 damit begann, dass ich einem Taxifahrer den geplatzten Reifen wechseln musste, und damit endete, dass ich im hohen Bogen vom Pferd segelte, startete 2016 auf ganz andere Art und Weise – mit den Backstreet Boys.

Etwas lethargisch startete ich in dieses Jahr. Zwar hatte ich unendlich viel zu tun, schraubte jedoch gleichzeitig mein Schlafpensum auf neun bis zehn Stunden pro Nacht hoch und war nach dem Aufwachen trotzdem noch müde. Einfach geplättet von all den Möglichkeiten, Verpflichtungen und Verheißungen, die auf mich warteten, stand ich mit der Angst vor dem weißen Blatt plötzlich still.

Ich wollte so viel tun und erleben und hatte so wenig Zeit für alles, dass ich aus Angst etwas zu verpassen, noch viel weniger tat, als eigentlich möglich gewesen wäre. Am Baum der Möglichkeiten kuschelte ich mich zwischen seine Wurzeln und träumte mich in fremde Welten und andere Leben, in denen so viel mehr möglich zu sein schien, während hier und jetzt so vielen unerreichbar und unmöglich schien. Die Blätter rauschten über mir und bildeten den Soundtrack meiner Tagträume, während der Wind, der durch sie floss, meinen Geist forttrug von hier und ferne Galaxien füllte.

Natürlich wusste ich, dass etwas falsch lief. Dass es so nicht weitergehen konnte und ich endlich wieder anfangen musste zu klettern, um über die Wipfel der Bäume über den Horizont zu schauen. Doch so einfach, wie es in der Theorie klingt, ist es in der Praxis bekanntlich nie. Und wenn mir mein Reitlehrer mal wieder ein „Du musst vibrieren!“ entgegenruft und ich genau weiß, was er meint und was ich tun sollte, so fällt die Umsetzung doch erstaunlich schwer.

Aber wie es so schön ist, gibt uns der Körper – natürlich stets in den ungünstigsten Momenten – den Schubs in die richtige Richtung. Oder in meinem Fall eben einen gewaltigen Arschtritt: Er strafte mich mit einer Grippe ab. Normalerweise werde ich nicht wirklich krank. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in den letzten 15 Jahren jemals wirklich funktionsunfähig zuhause rumlag und gar nichts tun konnte. Natürlich ereilte mich auch die ein oder andere Erkältung, aber nicht drastisches.

Nun aber, war ich krank. Ich war so krank, dass ich nicht mal die Authentizität aufbringen konnte, meinen Freunden lachende Smileys zu schreiben. Und ich schreibe im Alltagschat sehr viele Smileys. Solltet ihr jemals eine Konversation mit mir führen und in drei Nachrichten hintereinander keine Smileys erhalten, dann rennt lieber ganz schnell ganz weit weg. Ich lag also zuhause rum, konnte nicht essen und auch nicht richtig schlafen und war vom Gang in die 500m entfernte Apotheke gänzlich durchgeschwitzt und abgekämpft. Man wird erst wirklich erwachsen, wenn man einmal allein und weit weg von zuhause krank war.

Nach einer Staffel Game of Thrones spielten meine Gedanken in einer halb durchwachten Nacht so verrückt, dass ich im Fieberwahn meine kurzweiligen Schlafetappen plötzlich mit einzelnen Gedankengängen im Spiel der Throne in Zusammenhang brachte. Man sollte stets in Abschnitten arbeiten, die Probleme einzelner Schauplätze einzeln lösen und sich lokal um Lösungen kümmern, bevor man alles zu einem Gesamtkonzept zusammenfügen kann. Und wenn man sich um ein Problem gekümmert hatte, gehörte eine bewusste Pause stets dazu, bevor man sich der nächsten Etappe zuwandte. Es schien alles Sinn zu machen – bis mir die nächste Hustenattacke meinen Kehlkopf aus dem Hals riss. Alles, was von diesem Wahnsinn am nächsten Tag noch übrig blieb, war der Gedanke, dass nichts unmöglich ist.

Jeder Berg sieht von unten unbezwingbar aus und doch beginnt jeder Aufstieg gleich – mit dem ersten Schritt. Und wenn eine Aufgabe unlösbar scheint, so sollte man sie stets in kleine Etappen zerlegen. Und dann geht man eine nach der anderen, Schritt für Schritt. Und irgendwann, ehe man sich versieht, steht man auf dem Gipfel des Berges und schaut über die Wipfel all der Bäume – bis hin zum Horizont, denn all die Menschen am Fuß des Berges noch nie gesehen haben.

I’m back.

 

Bild von Mark Strobl.

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