Der Zauber der Bücher ☕

Der Zauber der Bücher ☕

Es ist Winter, die Tage sind kurz und schon früh wird es dunkel. Selbst wenn die Sonne sich ein paar Stunden erkämpft hat, wird sie oft verdeckt von düsteren Wolken. Die Nächte sind lang, die Tage ungemütlich. Was gibt es da schöneres, als sich mit einem guten Buch auf die Couch zu kuscheln und mit einer heißen Tasse Tee das Kaminfeuer prasseln zu hören? Die Winterzeit lädt uns ein, abzutauchen in fremde Welten und in der düsteren Zeit unsere Phantasie anzustrengen, damit sie uns forttragen kann an schönere Orte.

Ich wurde mit sechs Jahren eingeschult und konnte bis dato kein Wort lesen – vielleicht meinen Namen, ich weiß es nicht genau. Aber ich lernte schnell und aus „Oma ist im Haus“ und „Papa guckt raus“ wurde schon im ersten Schuljahr mein erstes Buch, das ich selbstständig lesen konnte. Seit dieser Zeit gibt es kein Halten mehr für mich, sobald ich einmal ein gutes Buch in der Hand habe. Die Bibliothek lag damals auf meinem täglichen Schulweg und ich erinnere mich, wie ich regelmäßig riesige Bücherstapel nach Hause schleppte und sie stets vor der Zeit zurückbringen musste, weil ich Nachschub brauchte. Stets blockierte ich mit meinen Büchern den halben Koffer, wenn wir in den Urlaub flogen und musste mir doch nach zwei Tagen die Bücher meiner Eltern leihen, weil meine einfach zu wenige waren. Wenn ich die Zeit hatte, las ich ein 800-Seiten-Buch innerhalb von zwei Tagen – maximal.

Die Lehren der Bücher

Ich liebte Bücher, seit ich lesen konnte und ich tue es noch. Wer den Fehler gemacht hat und mich in eine Buchhandlung begleitete, der weiß, dass ich Stunden dort verbringen kann. Stets auf der Suche nach den spannenden Geschichten hinter vielversprechenden Covern, die nur darauf warten entdeckt und gelesen zu werden. Ich kann nicht sagen, wie viele Bücher ich in meinem Leben gelesen habe. Es müssen mehrere hundert gewesen sein. Meine zwei Lieblingsgenres sind dabei historische Romane (möglichst Mittelalter) oder Fantasy-Romane (die auch irgendwie mittelalterlich sind). Das einfache Leben ohne Technik mit großen Helden, wahren Kämpfern und solch bedeutenden Worten wie Mut, Ehre, Stolz, Loyalität und RItterlichkeit. Sie haben mich geprägt und stellen einen großen Teil der Werte da, die ich für mein Leben als bestimmend erachte.

Ein Fach eines meiner Regale ist gefüllt mit alten Märchenbüchern. Märchen aus Birma, Märchen von der Bernsteinküste, 1001 Nacht, Spanische, Jugoslawische, Nordische Märchen, Sagen von der Lausitz und Weihnachtsmärchen. Alle sind angefüllt mir kurzen Geschichten – Märchen und Sagen – mit ihren typischen Gestalten und so lehrreichen Pointen. Märchen haben weder Zeit noch Ort genau bestimmt. Meist sind alle Angaben nur relativ und selten nachvollziehbar. Gibt es Ortsangaben, so sind auch diese oft nicht überprüfbar. Märchen leben von der Zeitlosigkeit ihrer Lehren. Von den abstrakten Weisheiten, die sie vermitteln und den allzeit wichtigen Werten, die dem Leser vor Augen geführt werden. Lange bevor es Fernsehen und Internet gab, saßen Menschen um wärmende Herdfeuer und erzählten sich Märchen. Sie dienten der Unterhaltung in diesen langen dunklen Winternächten, wie wir sie auch heute kennen. Und sie dienten als Lehrbuch für Menschlichkeit, für Moral und Anstand.

Fremde Welten

Mittlerweile fülle ich keine Koffer mehr, wenn ich in den Urlaub fliege und wanke auch nicht unter der Last schwerer Bücherstapel aus Bibliotheken. Das liegt zum einen an der hervorragenden Erfindung des E-Book-Readers, als auch an der mangelnden Zeit. Während man liest, kann man keine anderen Dinge tun. Man kann nicht seine Mails checken, schnell etwas essen oder 20 Sprachnachrichten an seine Freunde schicken. Und weil man all das aber unbedingt tun möchte, findet man immer weniger Muße sich in ein gutes Buch fallen zu lassen, um sich gefangen nehmen zu lassen von all den wunderbaren Geschichten, die dort draußen noch warten.

Bücher entführen uns in fremde Welten und regen unser Gehirn dazu an, diese beschriebenen Welten mit unserer Phantasie zum Leben zu erwecken. Sie fordern uns auf, uns in die Geschichte, die Charaktere und die fremden Länder hinein zu versetzen. Ihre Taten zu verstehen und ihre Weltanschauung zu begreifen. Man kann kein Buch lesen, ohne Sympathie oder Antipathie für seine Protagonisten zu empfinden. Beim Lesen taucht man ein in diese Geschichte, lässt sich in ihren Bann ziehen und von ihren Worten umweben. Man verschlingt Wort für Wort kaum auszuhaltender Erwartung, was wohl als nächstes geschehen wird und doch voller Furcht vor dem Ende. Die Seiten fliegen, wie von einer plötzlichen spätsommerlichen Windböe erfasst. Und plötzlich ist es soweit. Die Geschichte, die uns ein Stück unseres Lebens begleitet und unsere Gedanken bestimmt hat, findet ihren Schluss. Ein seltsame Melancholie legt sich über den Leser, der mit dem Schließen des Buches nun Abschied nehmen muss von dieser Welt und während er es kaum abwarten kann, eine neue Geschichte zu lesen, so ist er doch noch gefangen in der alten und nicht bereit, vollständig mit ihr abzuschließen.

„In Büchern liegt die Seele aller gewesenen Zeiten.“
– Thomas Carlyle

 

 

Bild von Pier-Luc Bergeron

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